Status quo
Im August ging’s bei mir ganz schön drunter und drüber, aber so langsam beruhigt sich die Lage und ich habe das Gefühl, dass wieder alles in die richtige Richtung läuft.
Gerade befinde ich mich im Höhentrainingslager in St. Moritz und habe heute einen entspannteren Trainingstag. Die ruhige Umgebung hier in den Schweizer Alpen tut nach ein paar stressigen Wochen echt gut und trägt vermutlich auch seinen Teil zur Entspannung der Lage bei. Nach dem WM Titel in Hamburg musste ich ja direkt mal auf die Bremse steigen und durch eine Wadenbeinverletzung mit dem Laufen pausieren. Das bedeutete gleichzeitig aber nicht Beine hochlegen, sondern viel Alternativtraining und ständiges Adaptieren des Trainingsplans. Zu einem anderen Zeitpunkt in der Saison hätten wir dem Ganzen vermutlich mehr Zeit gegeben, aber das olympische Testevent in Paris stand vor der Tür und auch die Schwere der Verletzung hielt sich in Grenzen. So hatte ich grünes Licht von den Ärzten wieder zeitnah loszulegen und konnte zumindest noch ein paar Laufeinheiten vor dem Wettkampf machen.
Die Vorbereitung auf Paris lief dann auch echt vielversprechend und auch wenn ich kaum Laufkilometer in den Beinen hatte, war die Form da! Der Rest war dann einfach Pech oder Unvermögen meinerseits… Zwei Tage vor dem Rennen stieß ich mir den linken Ringzeh an der Badezimmer Tür an und hatte in den darauffolgenden Tagen auch ziemliche Schmerzen im Vorfuß (durch das Hämatom). Ich wollte es zuerst nicht wahrhaben aber der Zeh schränkte mich dann doch ziemlich ein und ich konnte am Vortag des Rennens nicht mal richtig gehen ohne zu humpeln. Die Vorfreude, mich mit den besten Kurzdistanzathleten der Welt zu messen war damit so ziemlich komplett dahin und ich konnte mir nicht mal vorstellen, überhaupt zehn Kilometer zu laufen. Letztendlich war es für mich aber auch keine Alternative, nicht an den Start zu gehen und so eine Chance liegen zu lassen. Genau auf diesem Parkour werden nächstes Jahr die olympischen Spiele stattfinden und die Wahrscheinlichkeit, dass ich hier mit dabei sind gehen gegen Null. Also wollte ich so gut es ging zeigen was ich drauf hatte und stellte mich an die Startlinie.
Im Schwimmen konnte ich dann aber leider gar nicht das abrufen, was ich mir vorgestellt hatte und kam mit über einer Minute Rückstand aus dem Wasser. Heute habe ich die Analyse meines Schwimm-GPS-Sensors erhalten und ich habe vor allem auf dem Rückweg gegen die Strömung ziemlich Mist gebaut und bin zu weit links geschwommen. Dadurch schwamm ich deutlich mehr in der Strömung und verlor fast dreißig Sekunden alleine auf einer Geraden. Auf dem Rad war dafür von Anfang an Zug drauf und zusammen mit Hayden Wilde, Vasco Vilaca und Jelle Geens konnten wir in der dritten von sieben Runden zu den Führenden aufschließen. Der Rest des Radfahrens war dann ziemlich unspektakulär aber dafür umso stressiger. Durch die riesige Gruppe gab es ständig hektische Bewegungen im Feld und ich bin froh ohne Sturz davon gekommen zu sein.
Und dann der Lauf… Die ersten Kilometer hat das Adrenalin noch den Schmerz übertönt, aber ab der zweiten Laufrunde wurde es immer schlimmer und letztendlich hielt ich es nicht mehr aus und musste kurz gehen. Ich haderte mit mir auszusteigen, beschloss aber irgendwie zu versuchen den Wettkampf zu beenden. Ich wusste ja, dass ich nichts kaputt machen konnte und bin auch letztendlich sehr froh, es durchgezogen und ins Ziel gebracht zu haben.
Von Paris bin ich dann direkt weiter nach St. Moritz gefahren und habe die erste Woche genutzt, mich zu akklimatisieren und mit viel Radumfang ins Trainingslager zu starten. Inzwischen geht es dem Zeh schon deutlich besser und Laufen geht schon fast wieder schmerzfrei ;) Um den Bogen noch zum Anfang zu schlagen, kann ich nun also endlich mal wieder voll durchziehen und ohne Anpassungen oder Kürzungen mein Training durchziehen und mich auf die letzten Rennen der Saison konzentrieren.
Geplant ist, dass ich nächste Woche Freitag direkt nach Tschechien zum Weltcup in Karlsbad weiterfahre und dort meinen ersten Wettkampf, unmittelbar nach einem Höhentrainingslager starte. Gerade bin ich an erster Stelle der Warteliste, aber ich bin zuversichtlich, dass ich noch auf die Liste rutsche.
Jetzt wird aber erstmal nicht ordentlich trainiert, denn der Fokus liegt dann vor allem auf der U23 WM Ende September in Pontevedra!
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