Bis 10 Tage vor dem Rennen war überhaupt noch nicht klar, ob ich bei den Deutschen Meisterschaften über die Mitteldistanz in Ingolstadt überhaupt an den Start gehen werde. Grund dafür war der Europa Cup in Weert, welcher zugleich der Qualifikationswettkampf für die Elite EM in Glasgow Anfang August war. Auch dieser fand am 10. Juni statt und da es auch noch eine Olympische Distanz war hat es mich schon sehr gereizt dort zu starten. Zwar hatte ich mich etwas zu spät gemeldet und war erst auf der Warteliste, wäre aber mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit mit der letzten Aktualisierung sieben Tage vor dem Rennen noch auf die Startliste gerutscht und wenn man auf der Startliste ist, muss man starten, sonst gibt dies Sanktionen sowohl seitens der DTU, als auch der ITU. Letztendlich bin ich alles mal mit einem klaren Kopf durchgegangen und hab mich endgültig dazu entschieden in Ingolstadt an den Start zu gehen, was sich als die richtige Entscheidung herausstellen sollte. Kurz zu meinem Gedankengang: Sagen wir an einem sehr guten Tag könnte ich das EM Ticket in Weert lösen, zur EM fahren und dort an einem sehr guten Tag sagen wir Platz 15 erreichen (ist alles nur hypothetisch). Was hab ich nun von einem 15. Platz bei der EM? An demselben sehr guten Tag könnte ich in Ingolstadt Deutscher Meister werden und davon habe ich einfach deutlich mehr.
Nun aber zum Rennen. Am Mittwoch vorher wurde ich zu meiner ersten Pressekonferenz eingeladen, was eine super neue Erfahrung für mich war. Dort konnte man schon feststellen wie professionell die bereits neunte Austragung des Triathlons in Ingolstadt organisiert ist. Moderiert wurde das ganze von Sport1 Moderator Hartwig Thöne.
Der Wettkampf selber fand dann am Sonntag statt. Da die Anreise von Nürnberg nicht all zu weit ist, entschieden meine Freundin und ich erst am Wettkampftag selber anzureisen, auch wenn der Wecker bereits um 4 Uhr klingelte.
Vor Ort trafen wir uns mit meinen Eltern, die auch beide über die Mitteldistanz an den Start gingen und um die Deutschen Meistertitel der Altersklassen kämpften. Das ganze Vorstartprocedere vor einer Mitteldistanz ist wesentlich stressfreier als vor kürzeren Distanzen, da man sich nicht ganz so viel erwärmen muss.
Die Wassertemperatur betrug 24°C, also war der Neo für die Elite verboten. Da dies zu erwarten war, besorgte ich mir vorher noch einen Speedsuit von KIWAMI, eine Art zweite Schicht, vergleichbar mit den Schwimmanzügen der Schwimmer. Vielen Dank an dieser Stelle an KIWAMI für die schnelle Lieferung!
Pünktlich um 8 Uhr fiel der Startschuss für die Elite. Mein Plan für das Schwimen war so lange wie möglich an den Vorjahressieger Lukasz Woijt dranzubleiben. Dieser war Schwimmprofi und bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking. Nun ja, gute 100m kam ich mit. Ab da wurde es ein einsames und gefühlt sehr langes Schwimmen, aber ich war gut unterwegs und stieg mit knapp 1:20min Rückstand und 40s Vorsprung auf Platz 3 aus dem Wasser. Das Wichtigste war nun Ruhe bewahren.
Die Ruhe konnte ich beim Radfahren mehr oder weniger bewahren, die ersten 20km fuhr ich deutlich über meiner Schwelle bis ich Woijt endlich wenigstens auf Sichtweite hatte. Dann konnte ich etwas konstanter und ruhiger fahren. Eins war klar: Beim Radfahren ging heute was! Den einzig längeren Berg bei der Hälfte der Radrunde genoss ich regelrecht, da die Strecke größtenteils flach war und man viel liegen musste, allerdings bin ich das Zeitfahrrad dafür noch nicht genug gewohnt und war froh über jeden auch nur kleinen Hügel bei dem ich mal im Wiegetritt hochfahren konnte.
Nach circa 35 Kilometern war ich dann hinter Woijt und hatte selbst bei 20m Abstand einige Ersparnisse. Gut fünf Kilometer ruhte ich mich etwas aus bevor ich ihn kurz vor dem Wendepunkt in die zweite Radrunde überholte. Ich versuchte vorne den Druck hochzuhalten, und meinen Vorsprung so schnell es geht auszubauen. So fuhr ich bis Mitte der zweiten Runde wieder ziemlich hart und war mir gar nicht sicher, ob Woijt mir vielleicht folgen konnte. Beim Wendepunkt an der Spitze des Berges sah ich dann, dass ich eine Lücke von fast 2min rausfahren konnte. Meine Beine ließen nicht nach und in der Führung macht es unglaublich Spaß. Beide meine Eltern kamen mir auf dem Rückweg in die Wechselzone nochmal entgegen und feuerten mich an, was mich zusätzlich motivierte.
2:01h brauchte ich für die 86,5km, also ziemlich genau ein 43er Schnitt. 315 Watt und 327 Watt Normalized. 4,4 Watt/kg. Knapp 3min Vorsprung vor Woijt und über 7min Vorsprung vor Patrick Reger auf Platz 3. Ursprünglich war Niclas Bock auf Platz 3, allerdings vergaß er in der zweiten Runde die kleine Extraschleife zu fahren. Sein Blog dazu hier. Sehr schade, da er auch super im Rennen lag. Viel Erfolg für Roth, Niclas!
Das Loslaufen gestaltet sich nach einem 90km Soloritt natürlich als besonders schwer und ich brauchte einige Kilometer bis ich meinen Rhythmus fand. Nach der ersten von vier Runden um den Baggersee ging es mir dann deutlich besser und ich hörte, dass ich meinen Vorsprung von drei auf fünf Minuten ausbauen konnte, allerdings machte mir mein Magen etwas
Probleme und da ich dies nicht ausreizen wollte, nahm ich das Tempo etwas raus und der Vorsprung wurde nicht wirklich kleiner. Auf Woijt baute ich aus, Reger lief dann auf Platz 2.
Man darf sich nie zu früh sicher sein, aber in der letzten Runde war mir klar, dass es reichen wird. Auch wenn es mental und bei der Hitze nicht ohne war, vier mal um den Baggersee zu laufen, haben mich vor allem die Zuschauer mega motiviert. Vielen Dank an alle, die mich angefeuert haben!
Dann war es soweit und ich konnte die letzten 100m im Zielkanal richtig genießen. Deutscher Meister über die Mitteldistanz! Nach meinem Juniorentitel 2016 mein zweiter Meistertitel und mein erster in der Elite.
Im Ziel nahm ich dann das drei Liter Bierglas entgegen und nach einem großen Schluck schüttete ich, koordinativ am Ende, den Rest, statt über mich, eher hinter mich. Das muss ich noch üben ;)
Patrick Reger lief auf Platz 2 ins Ziel und Lukasz Woijt konnte den dritten Platz noch knapp vor Dominik Sowieja ins Ziel retten. Meine Mutter wurde zweite in ihrer AK, mein Vater dritter und meine Freundin gewann ihre AK über die Sprintdistanz!
Alle Ergebnisse findet ihr hier.
Nochmal vielen Dank an alle für die Unterstützung, vor allem an meine Sponsoren und meine Eltern für das geliehene Material :D Und ein großes Dank an Gerhard Budy und sein Team, die mal wieder eine top Veranstaltung auf die Beine gestellt haben. Nun habe ich es endlich mal als Athlet selber miterlebt. Ich kann den Triathlon in Ingolstadt nur jedem empfehlen, nicht jede Mitteldistanz muss Challenge oder Ironman sein.
Ich bin super zufrieden mit meinem Rennen und wenn sich das Radfahren noch weiter so entwickelt bin ich sehr zuversichtlich. Nun freue ich mich auf den Rothsee Triathlon am kommenden Sonntag, wo das Ziel ist den Titel vom letzten Jahr zu verteidigen!
Bis dahin
Frederic
Hier noch mein Zielinterview mit Tri2b.com
(Bilder: 1. Melanie Schoch/inxmedia.de
2, 4, 5, 6, 7. Harald Eggebrecht/ Tri2b.com
3. Ingo Kutsche)