Last but not least – Woche 8: Race-Week!

So siehts aus… So langsam fange ich an, mein Zuhause zu vermissen. Ob das jetzt am schlechten Wetter liegt, oder an der Tatsache, dass ich einfach schon zwei Monate lang unterwegs bin, kann ich nicht so genau sagen. Fakt ist aber, dass diese Woche die letzte Woche meiner Spanien-Odyssee ist und ich sie mit meinem ersten Rennen in dieser Saison abschließen werde. Los gehts, wo es letztes Jahr zu Ende ging;)

Seit zehn Tagen bin ich jetzt schon wieder in Girona und es hat jeden einzelnen Tag geregnet. Letzte Woche war ich noch ziemlich optimistisch und mich hat der Regen nicht gestört, aber vor allem der Samstag war dann doch ganz schön zäh. Normalerweise ist eine lange Radausfahrt eine meiner Lieblingseinheiten, aber bei 11 Grad und Regen habe ich mich deutlich mehr über das Ankommen, als über das Losfahren gefreut. In so einer Situation ist eine Gruppe immer gold wert. Es war zwar keiner von uns gut gelaunt und wir haben von den vier Stunden Fahrzeit, vielleicht nur 15min geredet, aber dennoch zieht man die Einheit zusammen durch. In der Gruppe würde nie der Gedanke aufkommen, die Einheit jetzt zu kürzen oder wegzulassen, auch wenn sich jeder wahrscheinlich insgeheim genau das gewünscht hat ;) also schnappt euch eure Freund*innen wenn ihr mal keine Lust habt rauszugehen und zu trainieren, das erleichtert einiges.

Aber jetzt genug mit dem Selbstmitleid, solche Tage wird es immer geben und sind ja bekanntlich auch charakterfestigend! Die Woche die vor mir liegt, ist wie zuvor schon erwähnt, die erste Rennwoche der Saison. Bis Mittwoch trainieren wir noch im normalen Rhythmus weiter, bevor ich zusammen mit der Hälfte der Trainingsgruppe nach Quarteira reise. An das Rennen und die Strecke habe ich natürlich sehr gute Erinnerungen, weil ich letztes Jahr im November hier mein erstes internationales Podium in der Elite feiern konnte.

Dieses Jahr werde ich aber erstmal den Ball flach halten und mit realistischen Erwartungen an den Start gehen. Ich bin sicherlich noch nicht ganz so fit wie im November und dazu ist das Starterfeld ziemlich gut besetzt. Das Rennen wird wieder im Rahmen eines Europacups über die olympische Distanz ausgetragen und wird daher zum Einstieg gleich mal ziemlich hart werden. Das Gute ist, dass es nicht nur mir so gehen wird, sondern die meisten anderen Athleten ebenfalls hier in die Saison einsteigen werden. Keiner wird so genau wissen, was der Andere drauf hat, daher wird das Rennen wahrscheinlich auch sehr nervös und hektisch auf ablaufen. Dazu kommt, dass die Wetterprognose ebenfalls nach Regen und rutschigen Straßen aussieht, also werde ich mich möglichst vorne aufhalten um Stürze zu vermeiden. Was dann auf dem abschließenden Lauf noch möglich ist, wird sich zeigen. Im Laufen fühle ich mich aktuell aber sehr wohl und ich hatte eine gute Vorbereitung mit genug Umfang für ein zehn Kilometer Rennen.

Drückt mir auf jeden Fall die Daumen, am Samstag um 16:30 Uhr gehts los!

Das Beste kommt zum Schluss

Ich halte zwar nicht allzu viel von solchen Standardphrasen, aber hier trifft die Aussage wohl “den Nagel auf den Kopf”… haha. Spaß beiseite, das Wochenende in Quarteira hat vor allem richtig Spaß gemacht und es ist natürlich ein Traum, mit meinem ersten internationalen Podium die Saison zu beenden. Neben dem erfolgreichen Rennen, waren aber auch einfach all die Dinge mit dabei, die den Sport so besonders machen.

Was meine ich damit? Dass ich den Sport so ausüben kann wie ich das aktuell tue, sehe ich erst einmal als ein unglaubliches Privileg. Trotzdem ist das ganze Profidasein natürlich neben seinen Höhen, auch mit vielen Tiefen und Momenten des Zweifelns verbunden. Diesen Prozess und manche Dinge, die viele Leute vielleicht als Opfer oder Verzicht sehen würden, genieße ich an den meisten Tagen oder kann sie zumindest gut aushalten. Aber ohne solche Momente wie am Wochenende würde ich vermutlich nicht mit derselben Intensität für den Sport brennen. Damit meine ich jetzt auch nicht nur das erfolgreiche Rennen! Das ist aus meiner Position jetzt zwar sehr einfach zu sagen, aber ganz unabhängig vom Ergebnis, hatte ich auch schon vor dem Wettkampf diese Momente.

Da war zum Beispiel die Radausfahrt am Donnerstag. Ich bin alleine gereist und habe die ganze Zeit Musik und Podcast gehört oder Netflix geschaut. Als ich in Quarteira ankam, hatte ich gerade noch genug Zeit um mein Rad aufzubauen und noch eine kleine Runde zu drehen bevor es dunkel wurde. Wenn ich alleine mit dem Rad unterwegs bin höre ich oft Musik, aber nach dem ganzen Tag Beschallung, hatte ich darauf überhaupt keine Lust und fuhr einfach los. Die ersten Meter Bewegung sind an so einem Reisetag mit viel Sitzen immer die Hölle. Die Beine sind schwer und der Kreislauf total im Keller. Aber nach 15 Minuten fand ich einen guten Rhythmus und genoss die Ruhe und die untergehende Sonne. Ich konnte mich einfach voll in die Bewegung vertiefen, dachte an nichts anderes und fühlte mich enorm klar. Genau solche Momente finde ich aber auch einfach nur dann, wenn man sich davor überwindet und bewusst auf die Aufgabe einlässt.

Insgesamt waren wir zu sechst in einem Air BnB untergebracht, also war der Freitag vor dem Rennen auch sehr unterhaltsam. Wir machten gemeinsam unsere Rennvorbereitung und verbrachten die meiste Zeit mit dem typischen Vorwettkampf – Gequatsche, bei dem man sich eigentlich nur gegenseitig aufzieht, um die eigene Nervosität zu überspielen;) Diese Momente in guter Gesellschaft machen auch einfach Spaß und gehören zu einem typischen Wettkampfwochenende dazu.

Doch jetzt zum Rennen an sich. Ich hatte Startnummer vier und zählte damit das erste Mal dieses Jahr zum erweiterten Favoritenkreis. Es ist zwar nur eine Nummer, aber ich verspürte dadurch auch mehr Druck von Außen als sonst. Zum Verständnis: Die Nummern bilden die Rangfolge der Athleten in der Weltrangliste ab. Ich war also der Viertbestplatzierte im Ranking der am Samstag am Start war. Das Rennen ging über die olympische Distanz und auch wenn ich mir hauptsächlich einen versöhnlichen Saisonabschluss vorgenommen hatte, wollte ich doch insgeheim das Podium angreifen.

Das Start war zunächst einmal ziemlich ruppig und der Wellengang erleichterte die Orientierung im großen Starterfeld nicht gerade. Nach der ersten von zwei Schwimmrunden, befand ich mich im vorderen Drittel, sah aber dass sich ganz Vorne niemand lösen konnte. Ich machte auf der zweiten Runde ein paar Plätze gut und stieg in einer guten Ausgangslage (20sek Rückstand auf Position eins) aus dem Wasser.

Auf der ersten von sechs Radrunden konnte ich die Lücke nach Vorne gleich schließen, nahm dabei aber auch einige andere Athleten mit nach Vorne. So fand ich mich in einer 21 Mann starken Spitzengruppe wieder und versuchte zwar das Tempo hochzuhalten, gleichzeitig aber auch nicht zu viel zu investieren. in Runde drei und vier konnte ich mich mich ein paar Mal vom Hauptfeld lösen, wurde aber nach ein paar Kilometern immer wieder eingeholt. Danach entschied ich mich aufs Laufen zu warten und auch wenn ich mich nicht endgültig lösen konnte, hatte es einigen Athleten Kräfte gekostet meine Attacken wieder zu neutralisieren. In der letzten Runde attackierte dann ein Niederländer, aber ich entschied mich dagegen, alleine nachzufahren und hielt es für nicht sehr sinnvoll, gerade unmittelbar vor dem anstehenden 10km Lauf noch einmal so hart zu fahren.

Ich stieg als dritter vom Rad und hatte eigentlich die perfekte Ausgangslage, ganz Vorne mit auf die Laufstrecke zu gehen. Dann passierte mir etwas, was ich davor noch nie erlebt hatte. Ich blieb mit meinem Fuß beim Anziehen des rechten Schuhs hängen und musste ihn mit viel Kraft nach vorne in den Schuh drücken. Das löste, warum auch immer, einen ziemlich starken Krampf im rechten Oberschenkel aus, was es nicht gerade einfacher machte den linken Schuh anzuziehen ;) Der Krampf löste sich zwar beim Loslaufen wieder, aber ich lief dadurch als Letzter aus der Wechselzone was mich enorm ärgerte. Meine Beine fühlten sich aber sehr gut an und nach dem ersten Kilometer hatte ich die meisten Athleten wieder überholt und lief an Position fünf, mit einem Rückstand von ca. fünf Sekunden, zu Platz zwei bis vier. Der Niederländer war immer noch alleine an der Spitze.

Nach meinem schnellen Anlaufen merkte ich, dass ich es zu dem Trio vor mir (mit dabei die Favoriten Anthony Pujades & David Castro) nicht ganz schaffen würde und nahm etwas Tempo raus. Ich fand aber einen guten Schritt und schon nach einer Runde musste der Brite bei Pujades und Castro abreißen lassen und ich arbeitete mich an Position vier vor. In der zweiten Runde holten die beiden den Niederländer ein und vor mir bildete sich wieder ein Trio. Ich lief jetzt ca. zehn Sekunden dahinter, verlor kaum, aber kam auch nicht näher. Ich blieb die ganze Zeit fokussiert und war mir sicher, dass der Niederländer auch noch abreißen lassen würde. Ich wollte unbedingt diesen dritten Platz! Mitte der dritten Runde trat dann genau das ein und Anfang der vierten Runde stellte ich den Kontakt zu Platz drei her. Ich lief aber nicht viel schneller und reihte mich erst einmal hinter dem Niederländer ein und nutze den Windschatten um mich etwas zu erholen. ich hatte ihn auch etwas unterschätzt, denn bei Kilometer acht beschleunigte er zwei-, dreimal und versuchte mich loszuwerden. Auch vor dem Wendepunkt hielt er dagegen und ließ mich nicht vorbei. Ich beschloss es auf einen Zielsprint ankommen zu lassen, aber testete ihn noch einmal ca. 400 Meter vor dem Ziel. Dieses Mal erhöhte ich das Tempo deutlich und er hielt nur kurz dagegen und musste mich dann aber vorbeilassen. Ich biss auf die Zähne und hielt das Tempo weiter hoch und merkte wie ich mich lösen konnte! Platz eins und zwei hatte ich dabei die Ganze Zeit im Blick und kam auch hier nochmal näher, aber am Ende fehlten hier doch ein paar Sekunden um noch weiter vorne zu landen. Kurz vor dem Ziel nahm ich dann etwas Tempo raus um den Zieleinlauf zu genießen! Der Niederländer kam zehn Sekunden danach ins Ziel und hatte mir wirklich einen guten Kampf geliefert.

Abschließend lässt sich sagen, dass ich sehr zufrieden mit dem letzten Rennen der Saison bin und dass der dritte Platz am Abend auch mit ein paar Bier gut gefeiert wurde;) In den nächsten Tagen lasse ich die Saison erst einmal sacken und genieße die Saisonpause so gut es geht (hier beim Bundeswehrlehrgang in Warendorf). Die Tage wird auf jeden Fall auch ein Podcast zum Wochenende rauskommen, den ihr euch gerne anhören könnt.

Bis dahin… Over and Out