Implementierung und Anwendung eines Software-Entwicklungsprozess nach IEC 62304 – Projekt im Tandem

IPP Notizen aus der Praxis

Ausgangslage

Der Kunde ist Hersteller von individuell konfigurierbaren Behandlungseinheiten. Da diese Software beinhalten, musste die Software-Lebenszyklus-Norm IEC 62304 Anwendung finden. Die Norm unterscheidet die Software Klasse A, B und C, wobei der Dokumentationsaufwand für Klasse B und C etwas höher ist als für Klasse A. Die Behandlungseinheiten setzen sich aus mehreren Hauptkomponenten zusammen, die jeweils eigene Software beziehen. Somit konnte jede Software für sich klassifiziert werden. Die Entwicklung und Dokumentation muss einem Prozess folgen, der für die Software gemäß IEC 62304 implementiert und nach Prozess-Einführung angewendet wurde.

Projektziel

    1. Einführung und Implementierung des Software-Entwicklungsprozess nach IEC 62304
    2. Anwendung des Prozesses für alle Software-Komponenten
    3. Erstellung eines vollständigen Nachweises zur IEC 62304

Durchführung

Prozesserweiterung

Mit Hilfe einer GAP-Analyse (“Lücken-Analyse”) durch IPP konnte der Kunde den bestehenden Entwicklungsprozess um die softwarespezifischen Prozessschritte ergänzen. Somit konnte dieser sein Flow-Chart für die Prozess-Ansicht optimieren und erweitern.

Vorlagen und Dokumente

Anhand des Prozesses hat IPP entsprechende Vorlagen erstellt und durch den Kunden freigegeben.
Dies war durch die „IPP-Bibliothek“ aus Easy13485 möglich, wodurch im Projekt schnell Fahrt aufgenommen werden konnte. Anschließend konnten die angepassten Vorlagen mit entsprechenden Inhalten gefüllt werden, sodass in sich logische Dokumente gemäß Prozessreihenfolge entstanden sind. Durch den Team-Spirit getrieben, entstand eine verlässliche Zusammenarbeit zwischen dem Kunden und IPP sowie mit einem externen Software-Entwickler, der umfangreiche Dokumente mit softwarespezifischem Inhalt pünktlich lieferte.

Nachweis der IEC 62304

Durch die neu erstellten Dokumente, konnte der Prozess erfolgreich eingeführt und die IEC 62304 für Software Klasse A und Klasse B vollständig erfüllt und nachgewiesen werden.

Ergebnis

Durch die gemeinsame Arbeit konnte der Kunde das Projekt “Prozess-Einführung für Software gemäß IEC 62304 und Anwendung” in relativ kurzer und fristgerechter Zeit beenden.
Dabei war der rote Faden des Prozesses immer erkennbar und für alle Beteiligten ersichtlich.
Letztendlich hat das anstrengende Projekt allen Spaß gemacht.

Lesson-Learned

Zur Bestimmung der Software-Klasse wurde die Risikoanalyse als “Werkzeug” herangezogen. Ausschlaggebend für die Klassifizierung ist der Schweregrad potenzieller Schäden vor Implementierung risikomindernder Maßnahmen. Dabei fließen ausschließlich Risiken ein, die der Maßnahmenkategorie “Software” zugeordnet sind. Die Auftretenswahrscheinlichkeit ist davon unabhängig, da allein die Auswirkung auf Patienten, Anwender oder Dritte entscheidend ist. 

Ausblick

Die durchdachte und geplante Vorgehensweise wird vermutlich auch eine Signalwirkung auf die Arbeit in zukünftigen Projekten des Kunden haben. Über dieses Projekt hinaus möchte der Kunde weiterhin für neue Projekte durch IPP unterstützt werden, da dieser festgestellt hat, dass komplexe Projekte im Tandem besser funktionieren als allein. Das positive Feedback des Kunden freut uns als IPP sehr und wir sind gespannt auf die weiteren Projekte!

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Welche Benannte Stellen sind für die MDR bereits anerkannt?

Im Zuge der MDR 2017/745 müssen sich auch die Benannten Stellen (BS) für ihre Benennung nach der Verordnung (MDR, IVDR) neu zertifizieren. Für den Hersteller stellt sich die Frage: Welche Benannte Stellen sind für die MDR bereits anerkannt?

Wann benötigt man eine Benannte Stelle?

Es muss bei allen Medizinprodukten, außer Produkte der Klasse I, eine BS miteinbezogen werden. Auch bei Produkten der Klasse Is, Im und Ir muss eine Benannte Stelle involviert sein. Es geht hierbei hauptsächlich um die Technische Dokumentation (TD), in der zu belegen ist, dass eine, z.B. für Klasse Ir, verfizierte Vorgabe für die Wiederaufbereitbarkeit vorhanden ist.

  • Is   ⟹ BS prüft Sterilität
  • Im ⟹ BS prüft Messfunktion
  • Ir   ⟹ BS prüft Wiederaufbereitbarkeit

Hier findet man eine Liste der aktuellen akkreditierten Benannten Stellen:

Welche Benannten Stellen sind für die MDR bereits anerkannt?
https://ec.europa.eu/growth/tools-databases/nando/index.cfm?fuseaction=directive.notifiedbody&dir_id=34

Was benötigst Du für Deinen Weg zur MDR?

  • Kenne die aktuell gültigen Übergangsfristen und plane rechtzeitig. Siehe Artikel zu Übergangsfristen
  • Prüfe, ob sich die Klassifizierung Deiner Produkte ändert. Siehe MDCG 2021-24
  • Stelle sicher, dass Dein Qualitätsmanagement auch die Entwicklung (ISO 13485 Kapitel 7.3) vollständig abbildet Siehe Qualitätsmanagement als Service
  • Prüfe, ob Du mit Deinem MDD-Produkt ausreichend klinische Daten erzeugt hast. Siehe unsere Leistung Klinische Bewertung
  • Prüfe, ob die klinische Bewertung nach Performance möglich ist.
  • Stelle sicher, dass Deine Produktakte alle geforderten Bestandteile der Techn. Dokumentation beinhaltet. Siehe Qualitätsmanagement als Service
  • Kenne die Vorgaben für die Kennzeichnung gemäß MDR, einschließlich Verwendung der UDI und neues EU-Konformitätszeichen.
  • Starte ein (Pilot) Projekt zur Umstellung der Produktakte auf MDR, indem Du Deinen kompletten Entwicklungsprozess – ohne Produktänderung – erneut durchläufst.
  • Lasse Dein QMS und Deine Produktakte durch die Benannte Stelle bewerten.
  • Führe ggf. geforderte Anpassungen durch.
  • Auf Basis der Erfahrungen kannst Du nun Deine weiteren Produktakten anpassen.

MDR Aufschub Klasse Ir bis 26.05.2024

MDR Aufschub Klasse Ir bis 26.05.2024

Hersteller von wieder verwendbaren Medizinprodukten der Klasse I und Software der Klasse I, die nach der neuen Medizinprodukteverordnung der Europäischen Union hochklassifiziert werden sollen, können aufatmen. Denn es gibt einen MDR Aufschub bis zum 26.05.2024. Mit dem zweiten Korrigendum des Rates der Europäischen Union können diese Produkte bis 26.05.2024 weiter in Verkehr gebracht werden.

Achtung: Es gelten trotzdem die aktuellen Anforderungen der MDR zur Post Market surveillance!

Follow the link to the original Document:

https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-13081-2019-INIT/en/pdf

Auszug aus dem Corrigendum: Seite 89, Artikel 120 Absatz 3

Anstatt:
“(3) Abweichend von Artikel 5 der vorliegenden Verordnung darf ein Produkt, für das eine Bescheinigung gemäß der Richtlinie 90/385/EWG oder der Richtlinie 93/42/EWG erteilt wurde, die gemäß Absatz 2 des vorliegenden Artikels gültig ist, nur in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, sofern es ab dem Tag des Geltungsbeginns der vorliegenden Verordnung


muss es heißen:
“(3) Abweichend von Artikel 5 der vorliegenden Verordnung darf ein Produkt, das ein Produkt der Klasse I gemäß der Richtlinie 93/42/EWG ist, für das vor dem 26. Mai 2020 eine EUKonformitätserklärung erstellt wurde und für das das Konformitätsbewertungsverfahren gemäß der vorliegenden Verordnung die Mitwirkung einer Benannten Stelle erfordert oder für das eine Bescheinigung gemäß der Richtlinie 90/385/EWG oder der Richtlinie 93/42/EWG besteht, die gemäß Absatz 2 des vorliegenden Artikels gültig ist, bis zum 26. Mai 2024 in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, sofern es ab dem 26. Mai 2020 weiterhin

In welcher Sprache muss eine Technische Dokumentation nach MDR vorliegen?

Die Sprache der Technischen Dokumentation

Die technische Dokumentation, Technical File, Produktakte oder auch einfach nur TecDoc ist das zentrale Nachweisdokument beim Konformitätsbewertungsverfahren zur CE-Kennzeichnung für Medizinprodukte. Dementsprechend muss auch die Sprache von diesem wichtigen Dokument entsprechend richtig ausgewählt sein.

Ausgangslage:

Dies ist vor allem für Hersteller sowie Lieferanten von Medizinprodukten mit der Konstellationen „OEM“ „PLM“ interessant.

Als Hersteller entwickeln und produzieren sie selbst. Sie stellen selbst die Konformität aus, wenn die Erfüllung der Kriterien zur Konformität schriftlich nachgewiesen ist.

Sie sind auch Hersteller, wenn Sie ein Medizinprodukt oder Komponenten dafür von einem OEM kaufen und unverändert mit Ihrem eigenen Typenschild in Verkehr bringen. Oder Sie bringen ein fertig entwickeltes Medizinprodukt von einem OEM nach eigenen Wünschen modifiziert sowie mit einem eigenen Typenschild in Verkehr.

Zusammenfassend muss in allen genannten Fällen eine technische Dokumentation vorliegen.

Was ist aber, wenn Ihr OEM z.B. in China sitzt und “Ihr(e)” Medizinprodukt(e) oder Komponente nur eine chinesische TecDoc besitzt? Müssen sämtliche Dokumente übersetzt werden?

Es kommt darauf an in welchem Mitgliedsstaat Ihre Benannte Stelle (BS) niedergelassen ist und was sie entsprechend verlangt.

Die BS kann verlangen, dass alle oder bestimmte Unterlagen, darunter die technische Dokumentation, Audit-, Bewertungs- und Kontrollberichte, im Zusammenhang mit den […] genannten Verfahren (Anmerkung ipp: Konformitätsverfahren) in einer oder mehreren von diesem Mitgliedstaat festgelegten Amtssprachen der Union bereitgestellt werden muss. Wird dies nicht verlangt, so müssen diese Unterlagen in einer Amtssprache der Union vorliegen, mit der die Benannte Stelle einverstanden ist. (siehe MDR 2017/745 Artikel 52 Konformitätsbewertungsverfahren Absatz (12))

Ansonsten müssen Hersteller der zuständigen Behörde auf deren Ersuchen hin alle Informationen und Unterlagen, die für den Nachweis der Konformität des Produkts erforderlich sind, in einer von dem betreffenden Mitgliedstaat festgelegten Amtssprache der Union aushändigen. (siehe MDR 2017/745 Artikel 10 Allgemeine Pflichten der Hersteller Absatz (14); siehe auch Artikel 11 Bevollmächtigter Absatz d)

Also klären Sie vorher mit Ihrer BS ab, in welcher Sprache die Unterlagen vorliegen sollen.

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IPP Empfehlung: Inhalt einer Technischen Dokumentation nach MDR, Anhang II & III

Die Technische Dokumentation, Technical File, Produktakte oder auch einfach nur TecDoc ist das zentrale Nachweisdokument beim Konformitätsbewertungsverfahren zur CE-Kennzeichnung für Medizinprodukte.

Aber was sollte alles in einer Technischen Dokumentation enthalten sein?

In den Anhängen II und III der MDR wird erläutert, was die Technische Dokumentation mindestens beinhalten soll. In Anhang II wird hierbei auf das Produkt selbst eingegangen sowie Anhang III legt die Anforderungen an die Marktüberwachung nach dem Inverkehrbringen (Post-Market Surveillance) mit Planung und Durchführung fest.

Die MDR fordert in Anhang II mindestens:

  1. PRODUKTBESCHREIBUNG UND SPEZIFIKATION, EINSCHLIESSLICH DER VARIANTEN UND ZUBEHÖRTEILE
    1. Produktbeschreibung und Spezifikation (z.B. UDI, Intended Use)
    2. Hinweis auf frühere und ähnliche Generationen des Produkts
  2. VOM HERSTELLER ZU LIEFERNDE INFORMATIONEN (z.B. Labels, GBAs/IFU)
  3. INFORMATIONEN ZU AUSLEGUNG UND HERSTELLUNG
  4. GRUNDLEGENDE SICHERHEITS- UND LEISTUNGSANFORDERUNGEN
  5. NUTZEN-RISIKO-ANALYSE UND RISIKOMANAGEMENT
  6. VERIFIZIERUNG UND VALIDIERUNG DES PRODUKTS
    1. Vorklinische* und klinische Daten
    2. In besonderen Fällen erforderliche zusätzliche Informationen

* mit vorklinischen Daten sind z.B. „technische Tests, Labor- , Anwendungssimulationstests o.ä.“ gemeint. Sie müssen nicht, wie es der Begriff vermuten lässt, unbedingt klinischen Hintergrund haben, sondern die Sicherheit des Produkts und seiner Konformität mit den Spezifikationen widerspiegeln.

IPP Tipp hierzu:

Wichtig bei der Zusammenstellung der Technischen Dokumentation ist, dass sie in „klarer, organisierter, leicht durchsuchbarer und eindeutiger Form“ vorliegt. Hierzu empfiehlt sich eine Art Inhaltsverzeichnis als extra Dokument für die Benannte Stelle (BS) zu erstellen. Dieses übergeordnete Dokument geht auf die Kapitel der Anhänge II & III ein und verweist, welche Dokumente die entsprechenden Kapitel abdecken sowie, wo sie in der TecDoc zu finden sind. So kann sich der Prüfer der BS schnell einen Überblick verschaffen und ihm wird die Arbeit erleichtert, was zu einem schnelleren Abarbeiten Ihrer Dokumentation führen kann.

Folgendes Beispiel zeigt, wie ein solches Inhaltsverzeichnis-Dokument aussehen kann:

Besipiel aus der Praxis TecDoc nach Anhang II & III

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